Man reist nicht, um anzukommen.
Johann Wolfgang von Goethe
It’s not destination – it’s the journey.
Patrick McCarthy
Nyûmon – durch das Tor schreiten. Friedland – Tor zur Freiheit
Bevor man sich auf eine Reise begibt, trifft man Vorbereitungen, hat Pläne, Bedenken Erwartungen, freut und / oder fürchtet sich vor dem Ungewissen. Ich blickte dem Gasshuku in Veldhoven erstaunlicherweise recht entspannt entgegen, es war mittlerweile das 6. Mal dass ich diese Reise antrat und freute mich viele Bekannte wiederzutreffen und mit ihnen gemeinsam eine schöne (und anstrengende) Zeit zu verbringen. Genauso schön ist es zu sehen, wie sich neue Freundschaften bilden und Andere die ersten Schritte auf diesem Weg tun.
Thematisch beschäftigten wir uns in der Morgeneinheit bei Olaf Krey kyôshi mit verschiedenen grundlegenden Möglichkeiten die „Guard“-Position zu passieren, bevor es abschließend einige Runden Gelegenheit gab, das Gelernte in einer freien Situation anzuwenden.
Die grundlegenden Formen des Koryû-Uchinâdi- Nyûmon wurden auch in der anschließenden Übungseinheit bei Patrick McCarthy hanshi überprüft, korrigiert und vertieft, bevor wir uns der Anwendung und dem Ablauf der Kata Nepai widmeten. Weiter ging es mit in der Kobudo-Einheit mit grundlegenden Übungen zum Umgang mit dem Muge sowie dem Erlernen der dazugehörenden Solo-Kata und Anwendungen diesem Übungsgerät am Partner. Abgeschlossen wurde der Tag mit der inzwischen schon fast obligatorischen Wurfeinheit durch Bert Mollen und Huub Meijer, die sich diesmal mit Übergängen aus Uke-waza / Quadranten-Drill zum Boden beschäftigten.
Es waren sonnige Tage, die Temperaturen inner- und außerhalb des Dôjô kletterten schnell in die 30iger und die Konzentration war nicht immer einfach – am Samstagnachmittag war mein Gehirn ausreichend gegrillt und alle bisher gelernten Abläufe vergessen, danke Hendrik sensei für deine Hilfe bei den Drills.
Da es sich um das 10. Gasshuku im Koryûkan Veldhoven handelte, hatte das Organisations-Team sich einiges einfallen lassen – es gab für jeden ein Paar Mini-Muge aus dem 3D-Drucker als Erinnerung, Freitagabend war Gelegenheit die eigene Komfortzone zu verlassen und einen Angriff durch einen Schäferhund am eigenen Körper zu erfahren (durch entsprechende Kleidung geschützt), am Samstagabend wurde gegrillt und es waren verschiedene Spiele aufgebaut um gemeinsam Spaß zu haben und das Gasshuku in entspannter Atmosphäre ausklingen zu lassen, um anschließend alle noch verbliebene Anspannung und Emotionen nach Mitternacht auf der nicht vorhandenen Tanzfläche vom Manhattan rauszulassen und danach zufrieden auf die Isomatte zu sinken.
Als wir am frühen Sonntagnachmittag an der ehemaligen innerdeutschen Grenze das Heimkehrer-Denkmal des Lagers Friedland mit dem Hinweis-Schild „Tor zur Freiheit“ passierten, fühlte ich mich an die die Worte von Olaf Krey kyôshi vom Tag zuvor erinnert, mit denen er mich in die „Freiheit“ entlassen hat – mit dem Hinweis dass es zukünftig anstrengender wird, da die Eigenverantwortung jetzt mehr im Vordergrund stehen wird. Und so durchschreiten wir auf unserer Reise ein Tor – um die Reise fortzusetzen, gespannt wohin es gehen wird. Vielen Dank allen, die in den vergangenen Jahren die Matte geteilt haben, mich an ihrer Erfahrung teilhaben ließen, geleitet und inspiriert haben. Dômo arigatô gozaimasu!
Sascha Ringel