„There’s a crack in everything.
That’s how the light gets in“
[Anthem, Leonard Cohen]
Wir sitzen beim Essen, Patrick McCarthy sensei führt das Gespräch auf Gichin Funakoshis Leitsatz „Das höchste Ziel im Karate-Do ist nicht der Sieg oder die Niederlage, sondern die Perfektion des menschlichen Charakters“, er stellt die Frage in den Raum, ob es eventuell nicht um Perfektion geht, sondern ständig etwas besser zu werden? Er führt die Diskussion weiter über Kaizen und „CANI“ (Constant And Neverending Improvement), bevor er schließlich Leonard Cohen zitiert mit dem Verweis darauf, dass unsere Fehler uns erst menschlich werden lassen.
So wie dieser kurzer Gesprächsausschnitt war auch das vergangene Wochenende wieder einmal eine Reise in die Kampfkunst-Geschichte, an welcher uns McCarthy sensei teilhaben ließ und führte. Themen des Seminars waren die Kata „Aragaki Sochin“ und „Tokumine-no-kon“, d.h. jede Menge Stoff zum Lernen und Üben, häufig anschaulich demonstriert durch Olaf Krey und Felix, und immer wieder aufgelockert durch Exkurse in die Kampfkunstgeschichte. Diese Lerngelegenheit nahmen zahlreiche Gäste verschiedenster Karate-Stile aus ganz Deutschland, aber auch anderen europäischen Ländern wahr.
Am intensivsten war sicherlich für einige von uns der Moment, als die mehr oder weniger gut und neugelernte Stock-Form allein vor den Seminarteilnehmern zu zeigen war – sowohl die Kata an sich als auch das Warten bis man an der Reihe ist, wissend dass die Form weit weg von perfekt ist, die Hände kleben und der Puls schon vorher auf 160 ist. Aber dennoch – Herausforderung angenommen und schon damit bestanden. Fehler passieren im Leben, in der Kampfkunst und der Selbstverteidigung – „There‘s a crack in everything – that’s how the light gets in.“ oder „猿も木から落ちる – Saru mo ki karu ochiru – even monkeys fall out of trees”.
Es war ein spannendes, intensives Wochenende, dennoch empfand ich es im Nachhinein als relativ entspannt, obwohl bei der Organisation eines solchen Seminars immer viel zusätzliche Aufmerksamkeit und Arbeit benötigt wird. Aber es lief einfach alles ziemlich glatt, wir sind inzwischen ein recht gut eingespieltes Team, in welchem man sich aufeinander verlassen kann: hier zeigt sich für mich der Wert einer Gemeinschaft. Vielen Dank allen die da waren!
Sascha Ringel