Für mich begann das eigentliche Seminar bereits am Freitag. Statt unseren regulären Training hatten wir ein durch McCarthy Sensei geleitetes Training exklusiv für Koryū Uchinādi Trainierende. Ich war etwas zu früh da und konnte mir erst einmal einen Überblick über die Örtlichkeiten schaffen und ich wurde direkt als Aufwärmübung zum Matten transportieren als letzten Vorbereitungen für das Wochenende herangezogen. Es dauerte auch nicht lange bis weitere Mitglieder meines Dojos auftauchen auf und alle packten tatkräftig und gutgelaunt mit an. Während wir fleißig am Schleppen waren tauchte Sensei McCarthy auf. Ich war tierisch aufgeregt als mir dieser älterer freundlich dreinblickende älterer Man die Hand reichte, welche ich etwas perplex annahm.
Nachdem wir den Aufbau beendet hatten ging das Training mit ein paar sanften Lockerungsübungen los. Sensei zeigte uns die ersten Teile einer für mich neuen Partnerübung an deren Ende wir in den Bodenkampf übergingen. Mein Partner mit dem ich übte hatte leider eine Knieverletzung, so dass wir den Bodenkampf ausließen und stattdessen gegen Ende des Trainings ein paar Runden Tsuki Waza und der Kaishu Waza übten. Als das Training endete verließen wir in Vorfreude auf das kommende Wochenende die Halle.
Am Samstagmorgen reihte ich mich in die kurze Schlange am Einlass ein. In der Halle war ich erst einmal überrascht wie viele Karateka unterschiedlichster Stilrichtungen und Nationen anwesend waren. Insgesamt um die 100 Teilnehmer mit Vertreter aus Goju-ryu, Shotokan, Wado-ryu und Koryū Uchinādi. Die Teilnehmer kamen soweit ich es mitbekommen habe aus ganz Deutschland, Dänemark, Australien, Tschechien und Polen.
Kurz nach 10 Uhr ging es nach einer kurzen zeremoniellen Begrüßung los. Bevor wir uns der Kata widmeten gab Sensei McCarthy uns eine Kostprobe seines sehr umfangreichen und beeindruckenden Wissens über die Wege von Karate und dessen Vergangenheit. Dabei stellet er die Frage: „Was ist Karate?“ und beantwortete sie in seinen folgenden Ausführenden mit „Karate ist Kata“. Ryushan war die Kata die wir an diesem Tag sowohl als Solo-Form als auch als Partner-Form kennen lernten. Zunächst wollten wir aus zeitlichen Gründen uns auf die Solo-Form fokussieren. Diesen Plan verwarf Sensei McCarthy allerdings wieder recht schnell und wir gingen die Kata Schritt für Schritt durch. Für jeden Teil den wir in der Solo-Form behandelten wurde in der Partner-Form die Anwendung gezeigt. Das ist eines der Dinge die ich an Koryū Uchinādi sehr schätze und dass Sensei McCarthy uns die Kata nicht ohne diese Vorgehen lehren wollte, zeigte wie wichtig dieser Grundsatz ist. Problematisch war, dass wir nun das Pensum von zwei Tagen an einem Tag durchziehen mussten. Also schwitzten wir ordentlich, gefolgt von kurzen Ruhephasen in denen Sensei uns mit Anekdoten und Erklärungen den nächsten Teil der Kata lehrte. Am Ende des Tages hatten wir alle Teile behandelt und Sensei McCarthy beendete die Veranstaltung mit einer kurzen Abschlusszeremonie. Eine kleine Gruppe ging noch zu einem gemeinsamen Abendprogramm über, dem ich mich aber nicht anschloss.
Als ich am Sonntag eintraf waren wir deutlich weniger Teilnehmer, was für die bevorstehende Bo Kata Sakugawa no Kon allerdings aus Platzgründen von Vorteil war. Dennoch hatten sich etwa 80 Karateka eingefunden, fast alle hatten bereits am Vortag teilgenommen. Wieder begannen wir mit einer kurzen Begrüßung und kleinen Erwärmung, welche einem spielerischen Tanz glich in dem uns Sensei McCarthy sein Können mit dem Bo demonstrierte, was mich sehr beeindruckte.
Danach folgten wieder Erläuterungen zu den Grundsätzen von Karate und dem was wir an diesem Tag trainieren würden. Ich fand es schwer Sensei McCarthy Ausführungen zu folgen, er nahm dabei Bezug auf verschiedene japanische Redewendungen und Schriftzeichen wie Bun bu ryô dô (sinngemäß: Einheit von geistigen und körperlichen Künsten) und schlug dabei einen Bogen über seine eigene Vergangenheit um abschließend mit dem ersten Teil der Kata zu beginnen. Auch hier betrachteten wir Solo- und Partnerform im direkten Zusammenhang. Die Kata war vergleichsweise kurz und besteht im Wesentlich aus viele einzelnen Templates die kombiniert und wiederholt werden. Somit waren wir kurz nach der Mittagspause bereits am Ende der Kata und konnten uns in der verbleibenden Zeit mit einer weiteren 2-Personen-Form Peichin-Kumi-Bo beschäftigen. Nach jedem behandelten Abschnitt kehrten wir allerdings wieder zur Sakugawa no Kon zurück um diese zu wiederholen.
Am Ende des Sonntags war es schwer zu sagen was wir in den vergangenen zwei Tagen alles geübt haben. Es gab sehr viel Input und es war einfach nicht möglich alles zu behalten, dennoch ist das ein oder andere hängen geblieben. Beide Tage haben allerdings extrem viel Spaß gemacht und Lust auf Mehr geweckt. Ich freu mich schon auf das Seminar im kommenden Jahr.
Frank Kubis